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Critical care
Alles begann ein paar Wochen zuvor, als ich mich extrem müde und unwohl fühlte. Das Weiße in meinen Augen hatte sich gelb verfärbt und einmal hatte ich Blut im Urin. Mein Arzt dachte, es könnte sich um Anämie handeln, aber die Ergebnisse der Blutuntersuchung waren nicht schnell genug fertig.
Was mir bei der Arbeit passierte, war sehr beängstigend, aber zum Glück reagierten meine Kollegen schnell und riefen sofort den Notarzt. Ich kam in die Notaufnahme des Colchester General Hospitals. Dort dachte man zunächst, ich hätte vielleicht Migräne. Ich wurde in die Notaufnahme gebrach und im Laufe des Tages verschlimmerten sich meine Symptome immer mehr. Mir wurde gerade Blut abgenommen, als ich einen Krampfanfall bekam. Ab dem Moment erinnere ich mich an nichts mehr.
Das Nächste, an das ich mich erinnere, ist, dass ich aufwachte und ganz helle Lichter sah. Ich war verwirrt und wusste nicht, wo ich war. Ich habe überhaupt nicht mitbekommen, dass ich mit dem Krankenwagen in das Krankenhaus University College London Hospital (UCLH) verlegt worden war. Dort lag ich auf der Intensivstation.
Das Pflegepersonal war sehr nett und geduldig. Immer wieder musste man mir sagen, dass ich eine Krankheit namens TTP (Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura) hatte und dass das etwas sehr Ernstes war.
Das Pflegepersonal war sehr nett und geduldig. Immer wieder musste man mir sagen, dass ich eine Krankheit namens TTP (Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura) hatte und dass das etwas sehr Ernstes war. Ich konnte einfach nicht glauben, dass es wirklich so schlimm war, weil ich mich so viel besser fühlte als in den Wochen zuvor. Außerdem hatte ich nach dem Aufwachen seltsamerweise einen starken Cockney Akzent. Ich fand alles sehr lustig und machte ständig Witze, auch wenn ich im Nachhinein sagen muss, dass das, was da mit mir passierte, alles andere als lustig war.
TTP ist so eine seltene Erkrankung, dass es kaum vorstellbar ist, dass ich sie habe. Und doch ist es so. Ich habe großes Glück, dass der Hämatologe am Colchester General Hospital von dieser seltenen Erkrankung wusste. Hätte er nicht so schnell reagiert und mich in ein spezialisiertes Zentrum verlegen lassen, wäre ich heute vielleicht nicht mehr am Leben.
Ein paar Tage verbrachte ich auf der Intensivstation, dann bekam ich ein Einzelzimmer mit wunderbarer Aussicht über London. Teil meiner Behandlung war auch ein Plasmaaustausch. Die Maschine war ein echtes Wunderwerk. Mehrere Stunden am Stück hatte ich Schläuche an meinem Hals: Mein Plasma wurde aus meinem Körper entfernt und durch das Plasma anderer Menschen ersetzt. Der Vorgang wurde solange wiederholt, bis meine Thrombozytenzahl wieder normal war. Ich war zwei Wochen lang im Krankenhaus. Das war fast wie ein tolles Hotel, alle Mitarbeiter waren sehr fürsorglich, nett und freundlich. Meine Fachärztin, Dr. Marie Scully, und alle Mitarbeiter kannten mich sogar mit Namen. Auch wenn die Umstände meines Krankenhausaufenthalts nicht gerade erfreulich waren, fühlte ich mich dort doch sehr wohl. Man fühlt sich, als sei man der einzige Kranke, den es gibt.
Die ganze Geschichte war sehr traumatisch für mich und meine Familie. Meine 70-jährige Mutter konnte einfach nicht begreifen, was da passierte. Das wurde dadurch noch schlimmer, dass es für sie schwierig war, mich in London im Krankenhaus zu besuchen. Meine 13-jährige Tochter war damals mit ihrem Vater in Florida im Urlaub, als ich krank wurde. Meine Mutter musste warten, bis das Flugzeug mit meiner Tochter gelandet war, bevor sie sie anrufen und ihr sagen konnte, dass ich bewusstlos auf der Intensivstation lag.
Nach diesem Vorfall wollte mich meine Tochter nicht mehr allein lassen und sie wollte auch nicht, dass ich irgendwohin gehe. Sie hatte Angst, dass wieder etwas passieren könnte. Das ist das Schlimme daran – niemand weiß, ob ich einen Rückfall haben werde oder nicht.
Als ich einen Mitarbeiter des Transfusionslabors aus dem Krankenhaus traf und ihm meinen Namen nannte, sagte er: „Ich kenne Ihr Blut!“ Obwohl er mich noch nie zuvor getroffen hatte, kannte er doch meine Geschichte.
Das TTP Network ist eine Patientenorganisation, die von Patienten zur Unterstützung anderer Patienten und ihrer Familien gegründet wurde. Weil TTP eine so seltene Krankheit ist, ist es einfach großartig, auch mal andere Patienten zu treffen, die eine ähnliche Erfahrung gemacht haben wie man selbst – das schafft sofort eine enge Verbundenheit. Je mehr Menschen von dieser Krankheit erfahren, desto besser. Niemand in meinem Bekanntenkreis hatte schon einmal von dieser Krankheit gehört, bevor ich sie bekam. Als Patienten möchten wir wissen, warum wir TTP bekommen haben und ob wir einen Rückfall erleiden werden. Vor Kurzem war ich bei einem Patiententag in London. Ich habe mich gefreut, auch viele Krankenhausmitarbeiter dort zu treffen. Sie haben dafür ihre Freizeit geopfert, wir müssen ihnen also wirklich am Herzen liegen. Viele von uns haben auch an einem Sponsorenlauf zugunsten von TTP Weiterbildung und Forschung während des letztjährigen Londoner „Bridgathon“ des UCLH teilgenommen, mit dem über die Krankheit informiert und Geld gesammelt wurde. Als ich einen Mitarbeiter des Transfusionslabors aus dem Krankenhaus traf und ihm meinen Namen nannte, sagte er: „Ich kenne Ihr Blut!“ Obwohl er mich noch nie zuvor getroffen hatte, kannte er doch meine Geschichte.
Es ist schwierig, mit einer Nahtoderfahrung zurechtzukommen.
Ich musste mich drei Monate von der Arbeit freistellen lassen und es dauerte auch, bis ich mich körperlich wieder erholt hatte. Viele Patienten, die ich getroffen habe, haben nach TTP Nebenwirkungen gehabt, wie zum Beispiel Depression oder extreme Abgeschlagenheit. Ich persönlich hatte keine. Ich führe jetzt wieder ein völlig normales Leben. Meine Arbeit als Tagesmutter für sehr junge Kinder ist körperlich ziemlich anstrengend, ich bin ständig auf den Beinen. Ich glaube, ich habe das, was da passiert ist, ziemlich gut weggesteckt und weiß, dass ich zu den Glücklichen zähle, die das überlebt haben. Ich bin jetzt ein viel fröhlicherer Mensch als vor der Krankheit. Ich bin einfach so dankbar, am Leben zu sein und glaube mehr denn je, dass man im Hier und Jetzt leben sollte.
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Wir haben es erlebt, dass TTP-Patienten ins Krankenhaus kommen und sehr schnell sehr jung versterben.
Dr Marie Scully, University College London Hospital, Grossbritannien
Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP) ist eine extrem seltene, lebensbedrohliche Blutkrankheit, die grundsätzlich in jedem Lebensalter auftreten kann, aber hauptsächlich Frauen im Alter von 30 – 40 Jahren betrifft. Bei dieser Autoimmunerkrankung bilden sich im ganzen Körper Blutgerinnsel in den kleinsten Gefäßen. Dies kann zu Organschäden zum Beispiel im Gehirn, im Herz oder in den Nieren führen.
Die TTP kann sehr plötzlich auftreten und die Betroffenen werden oft in die Notaufnahme eingeliefert, wobei 10% von ihnen bewusstlos sind. Wir haben es schon erlebt, dass TTP-Patienten ins Krankenhaus kommen und sehr schnell sehr jung versterben. Das ist ein Erlebnis, das man nicht mehr vergisst.
Eine Verzögerung bei der Diagnosestellung kann sich massiv auf das Sterblichkeitsrisiko des Patienten auswirken. Sobald eine TTP erkannt wird, erhält der Patient einen Plasmaaustausch mit octaplas®. Das wirkt wie ein Reinigungsvorgang, bei dem das Plasma und die Antikörper des Patienten entfernt und ersetzt werden. Der Plasmaaustausch wird so lange durchgeführt, bis die Zahl der Blutplättchen wieder ansteigt. Dann sieht man auch schnell eine klinische Verbesserung. Bevor es den Plasmaaustausch gab, lag die Sterblichkeitsrate bei 90 Prozent. Heute liegt hingegen die Überlebensrate bei 90 Prozent. Unsere oberste Priorität ist, dass unsere Patienten die akute Phase überstehen.
Die Patienten haben später oft mit chronischen Beschwerden als Folge ihrer beängstigenden Nahtoderfahrung zu kämpfen. Manche haben Angst und fallen in ein schwarzes Loch, was dann zu einer klinisch relevanten Depression führt. Mit 30 – 50% ist die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls hoch. Diese Menschen haben junge Familien, einen Job und Lebenspartner. Ihr Leben wurde auf den Kopf gestellt und sie leben in ständiger Angst, dass so etwas wieder passieren könnte. TTP verändert das Leben komplett.
Das University College London Hospital ist ein Kompetenzzentrum für die Behandlung der TTP. Unsere Ziele bestehen darin, die Diagnose bei Patienten schneller zu stellen, die Behandlung zu verbessern und das Leben nach der TTP-Erkrankung zu erleichtern, beispielsweise indem wir Wege finden, um vorhersagen zu können, wer einen Rückfall erleiden wird.
Bei der TTP können die Dinge rasch aus dem Ruder laufen. Wir handeln schnell und behandeln Patienten so, wie wir selbst gerne behandelt werden würden. Wir alle leben nach dieser Philosophie. Sonst wären wir keine Menschen.
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